Die deutsche Sprache ist bekannt für ihre vier Fälle, wobei der Genitiv oft als der “König” der Kasus gilt. Während er im Alltag häufig durch den Dativ ersetzt wird, bleibt er in der Schriftsprache und in formellen Kontexten unverzichtbar. Besonders spannend ist das Thema Verben mit Genitiv. Es gibt im Deutschen eine exklusive Gruppe von Tätigkeitswörtern, die zwingend eine Ergänzung im zweiten Fall verlangen.
In diesem umfassenden Artikel erfahren Sie alles über diese speziellen Verben, wie Sie Sätze damit richtig bilden und warum dieser Sprachstil besonders in den Nachrichten, der Literatur und der Rechtssprache geschätzt wird.
Was bedeutet Genitiv bei Verben?
Bevor wir uns die konkreten Verben anschauen, rufen wir uns kurz die Bedeutung des Genitivs ins Gedächtnis. Der Genitiv ist der zweite Fall in der deutschen Grammatik. Die Frage, mit der man nach ihm sucht, lautet wessen. Er drückt meistens Zugehörigkeit, Besitz oder eine Herkunft aus.
- Beispiel Genitivattribut: Die Katze meines Nachbarn ist schwarz. (Wessen Katze? Die meines Nachbarn).
Ein Genitivverb ist laut Definition ein Verb, das ein Genitivobjekt als notwendige Ergänzung benötigt. Da es nur noch wenige dieser Verben gibt, verleihen sie jedem Satz sofort einen gehobenen und eleganten Charakter.

Liste: Wichtige Verben mit Genitiv zum Lernen
Da die Anzahl der Verben mit Genitiv überschaubar ist, lässt sich diese Liste hervorragend auswendig lernen. Hier sind die wichtigsten Vertreter für Ihren gehobenen Wortschatz:
| Verb | Beispielsatz |
| anklagen | Der Mann wurde des versuchten Mordes angeklagt. |
| sich annehmen | Ich werde mich persönlich der Sache annehmen. |
| bedürfen | Der Text des Schülers bedarf einer Prüfung. |
| belehren | Sie wurden eines Besseren belehrt. |
| sich bemächtigen | Die Diebe bemächtigten sich des Schmucks. |
| berauben | Sie wurde ohne Grund ihrer Freiheit beraubt. |
| beschuldigen | Die Polizei beschuldigt den Bankräuber des Raubes. |
| bezichtigen | Sie bezichtigen ihn der Lüge. |
| entbinden | Wir versuchen, ihn seiner Verantwortung zu entbinden. |
| sich enthalten | Der Chef enthielt sich der Diskussion. |
| sich erfreuen | Die Sängerin erfreut sich großer Beliebtheit. |
| sich erinnern | Sie erinnert sich des Termins mit ihrem Chef. |
| gedenken | Die Anwesenden gedenken der Opfer des Unglücks. |
| überführen | Der Mann wurde des Diebstahls überführt. |
| verdächtigen | Die Polizei verdächtigt den Dieb des Diebstahls. |
| verweisen | Der Spieler wurde des Platzes verwiesen. |
| walten | Der Angestellte waltet seines Amtes mit Sorgfalt. |
| würdigen | Sie würdigte ihn keines Blickes. |
Sätze richtig bilden mit Genitivverben
Beim Gebrauch von Verben mit Genitiv müssen Sie auf die Satzstruktur achten. Viele dieser Verben verlangen nicht nur den Genitiv, sondern zusätzlich eine Ergänzung im Akkusativ, die meist eine Person bezeichnet.
Die Struktur lautet oft: Verb + Akkusativ-Objekt (Person) + Genitiv-Objekt (Sache/Grund).
- Beispiel: Die Polizei verdächtigt den Mann (Akkusativ) des Diebstahls (Genitiv).
Man “verdächtigt jemanden (Akk.) einer Sache (Gen.)”. Ohne die Person im Akkusativ wäre der Satz unvollständig.
Alternativen zu Verben mit Genitiv
Es gibt eine gute Nachricht für alle, denen der Genitiv zu kompliziert erscheint: Für viele dieser Verben existieren modernere Alternativen, die mit einer Präposition oder einem anderen Verb konstruiert werden. Hier ein Vergleich der Ausdrucksweisen:
- Gehobener Stil (Genitiv): Ich nehme mich der Sache an.
- Alternative: Ich kümmere mich um die Sache.
- Gehobener Stil (Genitiv): Der Text bedarf einer Prüfung.
- Alternative: Der Text muss geprüft werden.
- Gehobener Stil (Genitiv): Sie erinnert sich des Termins.
- Alternative: Sie erinnert sich an den Termin.
Jedoch gibt es einen Bereich, in dem der Genitiv alternativlos ist: die Rechtssprache. Begriffe wie jemanden des Verbrechens überführen oder bezichtigen werden vor Gericht und bei der Polizei ausschließlich in der Genitivform verwendet.

Warum sollte man Verben mit Genitiv lernen?
Auch wenn man im Alltag selten sagt: “Ich entsinne mich deiner Worte”, ist das Passivverständnis enorm wichtig. Wenn Sie deutsche Zeitungen lesen, juristische Dokumente bearbeiten oder akademische Texte verfassen, begegnen Ihnen diese Verben ständig.
Das Beherrschen der Verben mit Genitiv zeigt, dass Sie über ein fortgeschrittenes Sprachniveau verfügen. Es hilft Ihnen, Nuancen in Berichten zu verstehen, in denen es um Verdächtigungen oder offizielle Amtshandlungen geht.
Zusammenfassung und Tipps für die Praxis
Hier sind die Kernpunkte zu den Verben mit Genitiv:
- Es handelt sich um eine kleine Gruppe von Verben für den gehobenen Sprachstil.
- Die Frage nach dem Genitivobjekt lautet wessen.
- Oft wird das Verb mit einer Person im Akkusativ kombiniert (jemanden des Raubes beschuldigen).
- In der Rechtssprache und bei offiziellen Berichten sind diese Verben Standard.
- Viele Genitivverben lassen sich im Alltag durch Präpositionalgefüge ersetzen (sich erinnern an + Akk.).
Üben Sie diese Verben am besten in festen Wortverbindungen. Merken Sie sich nicht nur das Verb, sondern den gesamten Ausdruck, wie zum Beispiel “eines Besseren belehren” oder “seines Amtes walten”. So automatisieren Sie die korrekte Deklination und erweitern Ihre Ausdruckskraft im Deutschen maßgeblich.
Häufig gestellte Fragen (Q&A)
Welche sind die häufigsten Genitivverben?
Zu den gebräuchlichsten gehören: gedenken, bedürfen, sich erfreuen, verdächtigen und beschuldigen.
Kann ich statt Genitiv immer “von” benutzen?
Bei den oben genannten Verben ist das oft nicht möglich, ohne den Satzbau komplett zu ändern. Während man bei Besitzverhältnissen (“das Auto von meinem Vater”) oft ausweichen kann, verlangen die oben gelisteten Verben fest den Kasus Genitiv. Werden Sie also zum Sprachexperten und nutzen Sie die Originalform!
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