Der Wunsch, Tätowierer oder Tätowiererin zu werden, entspringt meist einer tiefen Leidenschaft für Zeichnen, Kunst und die einzigartige Möglichkeit, dauerhafte Werke auf der menschlichen Haut zu erschaffen. Es ist ein Traumberuf, der Kreativität mit höchster Präzision, medizinischem Wissen und intensiver Kundenkommunikation verbindet. Wer den Weg in diesen künstlerischen Handwerksberuf sucht, muss jedoch wissen: Der Tätowierer ist in Deutschland kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Es gibt keine festgelegte duale Tattoo Ausbildung wie in anderen klassischen Berufen.
Das bedeutet, die Qualifizierung erfolgt primär informell und praxisorientiert, oft über eine intensive Lehrzeit in einem etablierten Studio oder durch gezielte Kurse. Trotz des fehlenden formalen Rahmens ist eine fundierte Vorbereitung unerlässlich. Eine klassische Ausbildung in einem kreativen Bereich wie Grafikdesign kann eine hervorragende Grundlage für die spätere Tattoo Ausbildung bilden. Nur durch Hingabe, ständige Verbesserung der künstlerischen Fertigkeiten und das Erlernen strikter Hygienestandards kann man in diesem anspruchsvollen Feld erfolgreich sein.
In diesem Artikel beleuchten wir detailliert, wie man Tätowierer wird, welche Fähigkeiten und Kenntnisse unverzichtbar sind, wie die inoffizielle Tattoo Ausbildung abläuft, welche Kosten entstehen können und wie die Verdienstmöglichkeiten in diesem spannenden Beruf aussehen.
Der unorthodoxe Weg: Wie man Tätowierer wird
Da es keine staatlich anerkannte Tattoo Ausbildung gibt, beginnt der Weg in den Beruf in der Regel über praktische Wege, die ein hohes Maß an Eigeninitiative und Engagement erfordern.
Praktikum und Lehrzeit im Tattoo-Studio
Der häufigste Weg, um Tätowierer zu werden, ist die sogenannte „Lehre“ oder ein längeres Praktikum in einem Tattoo-Studio bei einem erfahrenen Tätowierer. Diese Lehrzeit ist intensiv und kann zwischen zwei und drei Jahren dauern. Oftmals beginnt der angehende Tätowierer mit grundlegenden Aufgaben, assistiert im Studiobetrieb und schaut dem Mentor bei der Arbeit zu. Dies ist eine entscheidende Phase, um sich mit den Abläufen, dem Equipment und den strikten Hygienestandards vertraut zu machen.
In dieser Zeit lernt der Lehrling das Handwerk von Grund auf. Dazu gehören die richtige Handhabung und Wartung der Tätowiermaschinen, die Auswahl und Lagerung von Nadeln und Farben sowie die Einhaltung der Vorschriften zur Hygiene und Sicherheit. Die praktische Tattoo Ausbildung ist hierbei Learning by Doing unter ständiger Aufsicht.
Die Rolle des Künstlerischen Portfolios
Ein künstlerisches Portfolio ist das Aushängeschild und die Eintrittskarte in die Tattoo Ausbildung. Es ist entscheidend, um potenziellen Mentoren die eigene Begabung und das Interesse an verschiedenen Stilen zu demonstrieren. Das Portfolio sollte eine breite Palette an Zeichnungen und Skizzen umfassen und das ausgeprägte Interesse an kreativen Tätigkeiten widerspiegeln. Ein solides Portfolio dient später auch dazu, Kunden von den eigenen Fähigkeiten zu überzeugen.

Kreative Grundlagenausbildung
Eine gute Grundlage kann durch eine klassische Berufsausbildung in einem kreativen Bereich geschaffen werden. Diese Berufe vermitteln gestalterische Fähigkeiten und technisches Know-how, das direkt auf die Tattoo Ausbildung vorbereitet und in das Handwerk übertragen werden kann:
- Mediengestalter/-in Digital und Print oder Grafikdesigner/-in vermitteln tiefgehendes Wissen über Grafikdesign, Bildbearbeitung, Farbenlehre und kreative Gestaltung.
- Gestalter/-in für visuelles Marketing schult in visueller Ästhetik und Designprinzipien.
- Maler/-in und Lackierer/-in beinhaltet präzises Arbeiten mit Farben und Formen.
- Goldschmied/-in schult in detaillierter Handwerkskunst und dem Umgang mit filigranen Werkzeugen, was das Feingefühl trainiert.
- Fotograf/-in vermittelt ein Verständnis für Bildkomposition, Farben und Licht, besonders relevant für realistische Motive.
Diese formalen Ausbildungen schaffen eine solide Basis, auf der die eigentliche Tattoo Ausbildung im Studio aufbauen kann.
Inhalte der praktischen Tattoo Ausbildung im Studio
Die praktische Tattoo Ausbildung in einem Studio geht weit über das bloße Zeichnen hinaus. Sie umfasst kritische Bereiche, die für die Sicherheit und Qualität der Arbeit entscheidend sind:
- Hygiene und Sicherheit: Dies ist der wichtigste Teil. Es wird die strikte Einhaltung von Hygienevorschriften gelernt, um Infektionen zu verhindern. Dazu zählen die Sterilisation der Geräte, das Arbeiten mit Handschuhen, die Desinfektion des Arbeitsplatzes und der ausschließliche Einsatz von Einwegnadeln.
- Maschinen und Equipment: Angehende Tätowierer lernen die korrekte Handhabung, Wartung und individuelle Anpassung der Tätowiermaschine sowie den sachgemäßen Umgang mit Nadeln und Farben. Man muss wissen, wie tief die Nadel in die Haut eindringen darf und wie die Farben auf verschiedenen Hauttypen wirken.
- Kundengespräche und Designabstimmung: Die Fähigkeit, Kundenwünsche zu verstehen und in ein passendes, auf die Körperform abgestimmtes Design umzusetzen, ist essenziell. Die Tattoo Ausbildung schult in kommunikativen Fähigkeiten, um eine Vertrauensbasis aufzubauen und gemeinsam mit dem Kunden die optimale Lösung zu finden.

Voraussetzungen: Die Multitalente der Körperkunst
Um in der Tattoo Ausbildung erfolgreich zu sein und sich als professioneller Tätowierer zu etablieren, sind spezifische Fähigkeiten notwendig, die über reines Zeichentalent hinausgehen:
- Künstlerische Begabung und Zeichenfähigkeiten: Die Basis ist ein starkes Zeichentalent. Ein sicherer Umgang mit verschiedenen Stilen und Techniken sowie fundierte Kenntnisse in Farblehre und Komposition sind entscheidend. Der Tätowierer muss Entwürfe visuell ansprechend und präzise erstellen können.
- Liebe zum Detail und Präzision: Tätowieren ist Millimeterarbeit. Fehler sind schwer zu korrigieren. Geduld und Konzentration sind erforderlich, da Tätowierungen oft mehrere Stunden dauern können. Tätowierer müssen ihre Entwürfe sorgfältig planen und die korrekte Reihenfolge der Farben beachten.
- Technisches Verständnis: Der Umgang mit den filigranen Tätowiermaschinen, Nadeln und Tinten erfordert technisches Know-how. Tätowierer müssen die Einstellungen der Maschine für unterschiedliche Hautbereiche und Effekte präzise anpassen können.
- Hygieneverständnis und Sauberkeit: Aufgrund des Infektionsrisikos beim Arbeiten auf der Haut ist ein tiefes Verständnis und die strikte Einhaltung von Hygieneprotokollen unabdingbar. Dies kann oft durch spezielle Schulungen oder ein Gesundheitszeugnis belegt werden.
- Grundkenntnisse der Anatomie: Ein Verständnis der menschlichen Haut und ihrer Reaktion auf Nadeln und Farben ist Voraussetzung. Tätowierer müssen die richtige Tiefe wählen, um haltbare und saubere Tattoos zu erstellen. Kenntnisse über verschiedene Hauttypen und mögliche Hautreaktionen helfen, Komplikationen zu vermeiden.
- Kommunikationsfähigkeit und Empathie: Tätowierer haben täglich intensiven Kundenkontakt. Sie müssen die oft sehr persönlichen Wünsche der Kunden verstehen, eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen und auf Ängste oder Bedenken, insbesondere bei Erstanwendungen, eingehen. Sie müssen in der Lage sein, Pflegehinweise klar zu erklären und auch schwierige Themen, wie das Ablehnen eines Tattoos bei gesundheitlichen Einschränkungen, professionell anzusprechen.
- Verantwortungsbewusstsein und Professionalität: Jedes Tattoo ist dauerhaft. Tätowierer tragen eine große Verantwortung für die Gesundheit ihrer Kunden. Professionelles Handeln beinhaltet die Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen und die Fähigkeit, Kunden abzulehnen, wenn gesundheitliche Risiken bestehen oder sie unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen.
Dauer, Kosten und Gehalt in der Tattoo Ausbildung
Da die Tattoo Ausbildung nicht staatlich geregelt ist, variieren Dauer, Kosten und Gehalt stark.
Dauer der Ausbildung
Wie bereits erwähnt, kann die Lehrzeit als Tätowierer-Lehrling zwischen zwei und drei Jahren liegen. Hinzu kommen oft einige Wochen bis Monate eines vorgeschalteten Praktikums. Die genaue Dauer hängt vom persönlichen Lernfortschritt und den Anforderungen des jeweiligen Lehrmeisters ab.
Kosten der Tattoo Ausbildung
Die Kosten für die Tattoo Ausbildung können stark variieren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Studios eine Gebühr für die intensive Ausbildung und Betreuung erheben, die mehrere Tausend Euro betragen kann. Diese Kosten decken oft die Materialnutzung und die Zeit des Mentors ab. Gleichzeitig müssen angehende Tätowierer oft selbst in eigene Ausrüstung, Zeichenmaterialien und gegebenenfalls in spezialisierte Kurse und Workshops investieren. Eine gründliche Recherche und die Wahl eines Studios mit gutem Ruf sind essenziell, um eine fundierte Ausbildung zu gewährleisten.

Gehalt während der Ausbildung
In der Tattoo Ausbildung erhält man in der Regel kein festes Gehalt. Oft arbeiten Lehrlinge zunächst komplett unentgeltlich, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Manche Studios bieten zumindest eine kleine Aufwandsentschädigung. Das Einkommen hängt stark von der Geschäftspolitik des Studios, dessen Standort und Größe ab.
Gehalt als ausgebildeter Tätowierer
Nach Abschluss der Tattoo Ausbildung und mit steigender Erfahrung und Bekanntheit steigt das Einkommen deutlich an. Der Verdienst variiert stark und ist abhängig von:
- Bekanntheitsgrad und Stil: Spezialisierung auf einzigartige Designs und ein erkennbarer persönlicher Stil steigern den Wert der Arbeit.
- Standort und Erfahrung: In Großstädten mit hoher Nachfrage sind die Preise oft höher.
- Anstellungsart: Angestellte Tätowierer haben ein festes Einkommen oder arbeiten auf Provisionsbasis, während Selbstständige zwar höhere Einnahmen erzielen können, aber auch alle Betriebskosten (Miete, Material, Hygiene) selbst tragen.
Als grobe Orientierung rechnen ausgebildete Tätowierer oft mit einem Stundensatz von 150 bis 200 Euro. Es ist wichtig zu verstehen, dass dieser Stundensatz sämtliche Kosten (Materialien, Studioverwaltung, Vorarbeiten, Miete) abdeckt und nicht nur die reine Arbeitsleistung. Die Abrechnung erfolgt meist über feste Preise, die von der Komplexität und dem Motiv abhängen.
Der Weg zur erfolgreichen Bewerbung um die Tattoo Ausbildung
Die Bewerbung um eine Tattoo Ausbildung oder Lehrstelle in einem Studio erfordert Professionalität und eine überzeugende Darstellung der eigenen künstlerischen Fähigkeiten:
- Portfolio aufbauen: Es muss die besten Arbeiten zeigen und eine breite Palette an Stilen und Techniken demonstrieren.
- Persönlichen Stil entwickeln: Ein erkennbarer, einzigartiger Stil hebt den Bewerber von anderen ab.
- Hygienebewusstsein betonen: Wissen über Hygieneprotokolle und Sicherheitsstandards sollte in den Bewerbungsunterlagen hervorgehoben werden.
- Kommunikationsfähigkeiten: Hervorheben, wie gut man mit Kunden umgehen kann, ist essenziell für den Kundenservice.
- Weiterbildungswillen zeigen: Die Bereitschaft, sich ständig weiterzubilden und mit den neuesten Techniken und Trends Schritt zu halten, ist wichtig.
- Anschreiben und Lebenslauf: Das Anschreiben muss professionell sein und erklären, warum das spezielle Studio oder der Mentor das Ziel der Tattoo Ausbildung ist und welchen Beitrag man leisten kann.
Die Tattoo Ausbildung ist ein intensiver und herausfordernder Weg, aber für diejenigen, die die Leidenschaft, das Talent und die Professionalität mitbringen, bietet sie die einzigartige Möglichkeit, Kunst und Handwerk auf dauerhafte Weise zu vereinen.
Mehr erfahren: