Die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 war ein entscheidender Moment für die politische Zukunft Deutschlands. Nie zuvor schickten so viele Parteien eine Kandidatin oder einen Kandidaten für das Bundeskanzleramt ins Rennen. Dies spiegelt eine zunehmende politische Vielfalt und die Ambition der Parteien wider, sich als regierungsfähige Alternative zu präsentieren. Traditionell nannten nur jene Parteien ihre Spitzenleute „Kanzlerkandidat“, die auch realistische Aussichten auf den Wahlsieg hatten. In diesem Wahlkampf jedoch haben gleich sieben Parteien ihre Bundeskanzler Kandidaten und Kandidatinnen ins Rennen geschickt, um die Führung der Bundesrepublik zu übernehmen. Wir stellen die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der großen Parteien in der Reihenfolge ihrer Parteigründung vor und analysieren, wofür sie politisch stehen.
Olaf Scholz (SPD): Der amtierende Kanzler auf Platzsuche
Für die SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) trat der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz als Spitzenkandidat an. Geboren 1958 in Osnabrück und aufgewachsen in Hamburg, ist Scholz von Beruf Anwalt und gehört der SPD bereits seit 1975 an.
Politische Laufbahn und Profil: Scholz verfügt über eine beeindruckende politische Vita, die ihn in höchste Ämter führte. Er war Erster Bürgermeister von Hamburg, Abgeordneter im Bundestag und Finanzminister unter der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Politisch wird Scholz eher dem konservativen Parteiflügel der SPD zugerechnet, der für fiskalische Disziplin und pragmatische Politik steht.

Trotz seiner Erfahrung und der Amtsinhaberschaft sahen aktuelle Umfragen vor der Wahl seine Aussichten, erneut Kanzler zu werden, als eher gering an. Die SPD nominierte ihren Kandidaten wie üblich auf einem eigens einberufenen Parteitag, um Geschlossenheit zu demonstrieren. Olaf Scholz war einer der prominentesten Bundeskanzler Kandidaten dieses Wahlgangs, musste sich jedoch der Herausforderung eines breiten politischen Feldes stellen.
Friedrich Merz (CDU/CSU): Der Konservative Transatlantiker
Als Spitzenkandidat für die Union aus CDU (Christlich Demokratische Union Deutschlands) und CSU (Christlich-Soziale Union in Bayern) trat der Jurist Friedrich Merz an. Geboren 1955 in Brilon im Sauerland, ist Merz seit 1972 in der CDU aktiv.
Rückkehr und Profil: Merz war bereits seit 1994 Abgeordneter im Bundestag, zog sich aber 2009 wegen Unstimmigkeiten mit Angela Merkel aus der aktiven Politik zurück. Erst 2021, nachdem Merkel nicht wieder angetreten war, kehrte er in den Bundestag zurück. Seit 2022 war er Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und damit Oppositionsführer. Merz gilt als Vertreter wirtschaftsliberaler und gesellschaftspolitisch konservativer Positionen. Sein Profil als Transatlantiker mit engen Verbindungen zu den USA ist ein Markenzeichen.

Laut Umfragen vor der Wahl hatte Friedrich Merz die besten Chancen, neuer Bundeskanzler zu werden, was ihn zu einem der aussichtsreichsten Bundeskanzler Kandidaten machte. Sein Erfolg bei der vorgezogenen Bundestagswahl bestätigte diese Tendenz und führte zu seinem Einzug ins Kanzleramt.
Christian Lindner (FDP): Der Wirtschaftsliberale Herausforderer
Die FDP (Freie Demokratische Partei) schickte ihren Ex-Finanzminister Christian Lindner als Spitzenkandidaten ins Rennen. Lindner, geboren 1979 in Wuppertal, trat bereits im Alter von 16 Jahren in die FDP ein.

Werdegang und Hürden: Der Politikwissenschaftler und Reserveoffizier war im Landtag von Nordrhein-Westfalen tätig und saß seit 2009 (mit Unterbrechungen) im Bundestag. In der vorherigen Regierung unter Bundeskanzler Scholz war er Finanzminister, ehe seine Entlassung zu den vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar führte. Lindner vertritt eine stark wirtschaftsliberale Linie.
Die FDP sah sich Umfragen zufolge mit großen Schwierigkeiten konfrontiert: Wegen der Fünf-Prozent-Hürde musste die Partei um ihren Einzug in den Bundestag fürchten. Trotz dieser Unsicherheit war Lindner einer der zentralen Bundeskanzler Kandidaten, der eine Politik der Entlastung und Deregulierung propagierte.
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen): Der Pragmatische Ökologe
Als Kanzlerkandidat von Bündnis 90/Die Grünen trat Robert Habeck an, der in der amtierenden Regierung das Amt des Wirtschaftsministers und Vizekanzlers innehatte. Geboren 1969 in Lübeck, ist der promovierte Germanist den Grünen im Jahr 2002 beigetreten.

Politische Ausrichtung: Bevor er auf Bundesebene tätig wurde, war Habeck Minister und stellvertretender Ministerpräsident in der Landesregierung von Schleswig-Holstein. In seiner Partei gilt er als ein eher pragmatischer Verfechter eines ökologischen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft.
Trotz seiner hohen Bekanntheit und seines Amtes als Vizekanzler sahen aktuelle Umfragen seine Aussichten auf das Kanzleramt als gering an. Dennoch war Robert Habeck ein wichtiger Vertreter der Bundeskanzler Kandidaten, der die Themen Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und ökologische Transformation in den Fokus rückte.
Jan van Aken und Heidi Reichinnek (Die Linke): Die Doppelspitze
Die Partei Die Linke trat mit einem Spitzenkandidatenteam bestehend aus Jan van Aken und Heidi Reichinnek an.
- Jan van Aken (geboren 1961 bei Hamburg) ist promovierter Biologe und arbeitete in der Vergangenheit als Biowaffeninspekteur für die UN. Er trat 2007 in Die Linke ein und war von 2009 bis 2017 Bundestagsabgeordneter.
- Heidi Reichinnek (geboren 1988 in Merseburg in Sachsen-Anhalt) trat 2015 in die Partei ein und ist seit 2021 Bundestagsabgeordnete.

Ideologie und Herausforderung: Die Linke tritt für antifaschistisch-sozialistische Positionen ein. Umfragen sahen die Partei an der Fünf-Prozent-Grenze. Ihre Aussichten auf den Wiedereinzug in den Bundestag gründeten auf der Hoffnung, ausreichend direkt gewählte Abgeordnete (Grundmandatsklausel) zu gewinnen. Als Bundeskanzler Kandidaten war die Doppelspitze ein symbolisches Zeichen, das jedoch nur geringe Aussicht auf Regierungsbeteiligung hatte.
Alice Weidel (AfD): Die Kanzlerkandidatin der Rechtspopulisten
Die AfD (Alternative für Deutschland) nominierte ihre Parteivorsitzende Alice Weidel zur Kanzlerkandidatin. Dies markierte das erste Mal, dass die AfD eine eigene Kanzlerkandidatin ins Rennen schickte. Die AfD wird vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextremistisch eingestuft.

Hintergrund und Isolation: Weidel, geboren 1979 in Gütersloh, ist promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin und lebte lange Zeit in Japan und China, bevor sie 2013 in die AfD eintrat.
Weidel und die AfD hatten keine Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung, da alle anderen Parteien eine Koalition mit der AfD kategorisch ablehnen. Trotzdem war sie eine der Bundeskanzler Kandidaten, die durch ihre Kandidatur die Aufmerksamkeit auf die Themen Migration und Euro-Kritik lenkte.
Sahra Wagenknecht (BSW): Linke und Nationale Positionen
Als Kanzlerkandidatin für das BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) trat Sahra Wagenknecht selbst an. Geboren 1969 in Jena, gründete die promovierte Volkswirtin das BSW im Januar 2024 vornehmlich mit ehemaligen Linken-Politikerinnen und -Politikern.

Wagenknechts Profil: Zuvor war sie eine führende Kraft bei der Linken und ihren Vorgängerorganisationen. Seit 2009 ist sie Abgeordnete im Bundestag, nachdem sie bereits 2004 Europaabgeordnete war. Wagenknecht vertritt eine Mischung aus linken und nationalen Positionen, die sich von der traditionellen Linkspartei abgrenzt.
Das BSW könnte laut Umfragen knapp der Einzug in den Bundestag gelingen. Sahra Wagenknecht war damit eine der interessantesten neuen Bundeskanzler Kandidaten in diesem Wahlkampf, die versuchte, Wähler aus dem linken und konservativen Lager anzusprechen.
Fazit: Ein breites Spektrum an Bundeskanzler Kandidaten
Die Bundestagswahl 2025 präsentierte ein historisch breites Feld von Bundeskanzler Kandidaten. Von der etablierten SPD und Union über die pragmatischen Grünen und die wirtschaftsliberalen FDP bis hin zu den Rändern des politischen Spektrums mit der Linken, der AfD und dem BSW – die Wähler hatten eine große Auswahl.
Am Ende zeigten die Umfragen im Vorfeld, dass Friedrich Merz (CDU/CSU) die besten Aussichten hatte, das Rennen zu gewinnen und neuer Bundeskanzler zu werden, was sich durch das Wahlergebnis bestätigte. Die Vielfalt der Kandidaturen unterstreicht jedoch die dynamische und fragmentierte politische Landschaft Deutschlands.
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