Das Wahlsystem Deutschland ist ein Kernelement der repräsentativen Demokratie und fundamental für die politische Struktur der Bundesrepublik. Die Funktionsweise der Bundestagswahl ist zwar komplex, aber essenziell für jeden Bürger, um die Vergabe der politischen Macht im Parlament zu verstehen. Der Grundsatz, der in Artikel 20 des Grundgesetzes verankert ist – „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ – wird durch dieses System in die Tat umgesetzt. Die Bürger wählen Repräsentanten ihrer politischen Interessen, die im Bundestag die Aufgaben des Parlaments wahrnehmen. Das deutsche Wahlsystem gewährleistet dabei eine Verbindung von Persönlichkeitswahl und fairer Parteienvertretung, bekannt als die personalisierte Verhältniswahl.
Die Funktion des Bundestags und seiner Abgeordneten
Der Bundestag ist das Parlament der Bundesrepublik Deutschland und damit das höchste Verfassungsorgan der Legislative. Die Abgeordneten, die Repräsentanten des Volkes, werden für eine Legislaturperiode von jeweils vier Jahren gewählt. Die zentralen Aufgaben des Bundestags sind vielfältig und entscheidend für das Funktionieren des Staates:
- Wahl des Bundeskanzlers: Der Bundestag wählt das Regierungsoberhaupt, den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin, der oder die auf Vorschlag des Bundespräsidenten ins Amt kommt. In der Regel schlägt der Bundespräsident den Kandidaten vor, dessen Partei oder Koalition die Bundestagsmehrheit besitzt. Die Wahl des Kanzlers erfolgt also nicht direkt durch das Volk, sondern durch die Abgeordneten.
- Gesetzgebung: Der Bundestag ist die zentrale Instanz für die Verabschiedung von Gesetzen, die das Leben der Bürger und die Struktur des Staates regeln.
- Kontrolle der Regierung: Die Abgeordneten üben eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber der Bundesregierung aus.
Das Wahlsystem Deutschland ist darauf ausgelegt, starke demokratische Institutionen zu schaffen, die diese essenziellen Aufgaben effektiv erfüllen können.

Die Zwei-Stimmen-Wahl: Das Herzstück des Wahlsystem Deutschland
Der Schlüssel zum Verständnis des Wahlsystem Deutschland liegt in der Tatsache, dass jeder Wähler zwei Stimmen auf dem Stimmzettel abgibt. Dieses Prinzip der personalisierten Verhältniswahl soll zwei verschiedene Ziele gleichzeitig erreichen: die direkte Repräsentation von Personen und die proportionale Abbildung der politischen Kräfteverhältnisse.
Die Erststimme (Personenwahl)
Mit der Erststimme entscheiden die Wähler, welcher Politiker aus ihrem Wahlkreis als Abgeordneter direkt in den Bundestag einziehen soll. Deutschland ist dafür in viele einzelne Wahlkreise unterteilt. Der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis erhält das sogenannte Direktmandat und zieht unabhängig vom Abschneiden seiner Partei in den Bundestag ein. Über diese Direktmandate wird die Hälfte der regulären Sitze im Bundestag vergeben. Die Erststimme ist somit die persönliche Wahl des Wählers für eine konkrete Person, die seinen Wahlkreis im Parlament vertreten soll. Das Wahlsystem Deutschland stellt hierdurch sicher, dass jeder geografische Bereich direkt durch einen gewählten Abgeordneten repräsentiert wird.

Die Zweitstimme (Parteienwahl)
Die Zweitstimme wird vom Wähler an eine Partei vergeben und hat das größere Gewicht für die Zusammensetzung des Bundestags. Sie ist der entscheidende Faktor, der die Machtverhältnisse im Parlament definiert, da sie die Anzahl der Sitze für die einzelnen Parteien festlegt. Die Parteien stellen in jedem Bundesland Landeslisten mit ihren Kandidaten auf. Die Verteilung der Gesamtzahl der Sitze im Bundestag erfolgt proportional zum Ergebnis der Zweitstimmen auf Bundesebene. Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis kein Direktmandat gewonnen haben, ziehen über diese Landeslisten in den Bundestag ein, bis die Partei die ihr zustehende Gesamtzahl an Sitzen erreicht hat. Die Zweitstimme ist also die eigentliche verhältniswahlorientierte Komponente des Wahlsystem Deutschland.
Sitzverteilung und die Überhangmandate
Der Bundestag hat regulär 598 Sitze. Allerdings kann sich diese Zahl aufgrund der komplexen Mechanismen zur Gewährleistung der Verhältnisgerechtigkeit erhöhen. Im 20. Bundestag beispielsweise gab es 735 Abgeordnete.
Diese Abweichung resultiert aus den sogenannten Überhangmandaten und dem Ausgleichsmechanismus:
- Überhangmandate: Wenn eine Partei über die Erststimmen in den Wahlkreisen mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze gemäß dem proportionalen Anteil ihrer Zweitstimmen zustehen, spricht man von Überhangmandaten. Diese zusätzlich gewonnenen Mandate dürfen die betreffenden Kandidaten behalten und ziehen zusätzlich in den Bundestag ein (z. B. 110 Direktmandate gewonnen, aber nur 100 Sitze gemäß Zweitstimme zugestanden – die 10 zusätzlichen Sitze sind Überhangmandate).
- Ausgleichsmandate: Damit die übrigen Parteien durch diese Überhangmandate nicht benachteiligt werden und die im Wahlsystem Deutschland verankerte proportionale Verteilung der Zweitstimmen gewahrt bleibt, werden ihnen proportional weitere Sitze zugeteilt. Dies führt zu einer deutlichen Vergrößerung des Parlaments.

Das Wahlsystem Deutschland gewährleistet durch diesen Mechanismus, dass die Zusammensetzung des Bundestags in Bezug auf die Parteienanteile so exakt wie möglich dem Wählerwillen, der in den Zweitstimmen zum Ausdruck kommt, entspricht.
Die Fünf-Prozent-Klausel (Sperrklausel)
Ein weiteres entscheidendes Merkmal des Wahlsystem Deutschland ist die Fünf-Prozent-Klausel (auch Sperrklausel genannt). Nur Parteien, die bundesweit mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen erhalten haben, dürfen in den Bundestag einziehen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist die sogenannte Grundmandatsklausel, bei der eine Partei auch ohne 5 % in den Bundestag einziehen kann, wenn sie mindestens drei Direktmandate (Erststimmen) gewonnen hat.
Der Hauptzweck dieser Klausel ist es, zu verhindern, dass zu viele kleine Parteien im Parlament vertreten sind. Eine übermäßige Zersplitterung würde die Bildung einer regierungsfähigen Koalition erschweren und somit die politische Stabilität gefährden. Die Fünf-Prozent-Klausel sorgt somit für Handlungsfähigkeit und Effizienz des Parlaments, auch wenn sie die Repräsentation sehr kleiner politischer Gruppierungen einschränkt.
Aktives und passives Wahlrecht
Die Demokratie im Wahlsystem Deutschland beruht auf dem aktiven und dem passiven Wahlrecht:
- Aktives Wahlrecht: Jeder deutsche Staatsbürger ab 18 Jahren ist berechtigt, seine Stimme bei Bundestagswahlen abzugeben. Bei der Bundestagswahl 2017 waren schätzungsweise etwa 61,5 Millionen Bürger wahlberechtigt.
- Passives Wahlrecht: Die Voraussetzung, um in den Bundestag gewählt zu werden, ist ebenfalls die Volljährigkeit (18 Jahre). Jeder wahlberechtigte Bürger kann auch selbst für ein Mandat kandidieren.

Die Wahl des Regierungsoberhaupts
Die Frage Wer wählt den Kanzler oder die Kanzlerin? ist ebenfalls ein zentrales Element des Wahlsystem Deutschland. Im Gegensatz zu präsidialen Systemen wird das Regierungsoberhaupt nicht vom Volk direkt gewählt. Stattdessen sind es die Abgeordneten im Bundestag, die den Kanzler wählen.
Der Bundespräsident schlägt den Kanzlerkandidaten oder die Kanzlerkandidatin vor. Traditionell ist dies der Kandidat, dessen Partei oder Koalition nach der Bundestagswahl über die Mehrheit der Sitze verfügt. Die Kanzlerwahl ist somit ein indirektes Verfahren, das die Legitimität des Kanzlers durch die Volksvertreter sicherstellt.
Das Wahlsystem Deutschland ist somit eine sorgfältig austarierte Struktur, die Elemente der Personenwahl (Erststimme) mit der Verhältniswahl (Zweitstimme) verbindet, um sowohl eine starke regionale Repräsentation als auch eine faire Abbildung des Parteienwillens im Parlament zu gewährleisten. Durch Mechanismen wie die Fünf-Prozent-Klausel und das Ausgleichssystem wird die politische Stabilität gefördert, ohne die demokratische Legitimation zu beeinträchtigen.
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